Privat: Friedensgruß, oder „Sags durch die Blume“

Am Tag des Einzugs der ersten Geflüchteten, am 18. September 2015, in unseren ehemaligen Baumarkt war es zunächst ein Impuls:
Als wir mitbekamen, dass für die eintreffenden Menschen noch kein Wasser vor Ort war, sind wir mit einigen der spontanen Helfer im Auto zum Discounter um die Ecke gefahren. Wir kauften aus eigener Tasche Wasserflaschen, um den ersten Durst zu lindern. Beim Anstehen an der Kasse lachte mich dann dieser Strauss an, und er wurde mit zum Wasser aufs Band gelegt, und der Plastikeimer durfte als Vase mit.
So stand dann am Tag des Einzugs ein kleiner Blumengruß in der riesigen Halle.

Nun sind viele Monate ins Land gegangen und es gab keine Woche, in der keine frischen Blumen ins Camp kamen. Was als Spendenaktion einzelner begonnen hatte, konnte auf Basis von Spenden vieler, die unsere Inititative unterstützen, fortgeführt werden. Da wir lokal einkaufen und zwei Blumenhändler_innen die Aktion auch liebevoll unterstützen, können wir mit wenig Geld ein dauerhaftes Zeichen für ein friedliches nachbarschaftliches Verhältnis setzen.

Nachdem die Blumen einen festen Platz in der Nähe der Essensausgabe im Camp gefunden hatten, fragte irgendwann auch das Sicherheitsteam, dass u.a. am Eingang zum Camp in einem Container vertreten ist, ob nicht auch ein Strauss bei ihnen stehen könne. Seit dem ist auch bereits am Eingang  ein fester Standort für Blumen entstanden.


Es ist Sonnabend gegen Mittag. Ich gehe zum Camp mittlerweile mit 2 Blumensträußen. Sina rennt schon auf der Strasse auf mich zu und freut sich, dass sie mich nicht verpasst hat. Nach kurzer Anmeldung am Eingang helfen mir Sina, Mohammad, Aliasgar und wer gerade da ist und Zeit hat. Die Kids sind meist zwischen 3 und 9 Jahre alt, wickeln die Blumen aus, säubern die Vase, Verblühtes wird in den Mülleimer gebracht und dann werden endlich die frisch angeschnittenen neuen Stengel gemeinsam in das frische Wasser gesteckt.

Oft ist dabei in den letzten Monaten die Frage gestellt worden „Bitte, darf ich eine Blume für meine Mutter haben?“. Es war nicht ganz leicht da immer „nein“ zu sagen. Aber die Erklärung, „diese Blumen sind für alle Menschen im Camp, deswegen können wir sie nicht an einzelne Menschen abgeben“, hat dann die Runde gemacht und neue Kinder bekamen es von den „alten Hasen“ erklärt. Und auch die jungen Männern, die uns manchmal umkreisen in der Hoffnung auf eine Rose, die sie weiterschenken können, werden von den Kleinen aufgeklärt.

Dieser regelmäßige Kurzbesuch im Camp ist schön und zeigt einem gleichermaßen, wie viel Ausdauer und Durchhaltevermögen unsere neuen Nachbar_innen immer noch aufbringen müssen.
Und so stehen an mittlerweile zwei Stellen im Camp unsere nachbarschaftlichen Grüße. Sie können vielleicht den monatelangen Aufenthalt der Menschen in Ungewissheit, Lärm und Enge ein bisschen erhellen.

Wer jetzt Lust bekommen hat, kann gerne mal mitgehen oder abwechselnd unsere kleine Botschaft hinbringen. Kontakt: Solveig, verwurzeln@insuederelbe.de